Accessibility: Wie Usability, nur besser

Accessibility – im Deutschen Barrierefreiheit – ist ein Begriff, der in der Konzeptionsphase einer Website oft eine ähnliche Begeisterung auslöst wie das Wort „Datenschutz“: Ja, ist wohl wichtig. Ja, wollen wir schon irgendwie machen. Müssen wir darüber reden? Müssen wir jetzt darüber reden? Kann das nicht einfach irgendwie … tun?
Spoiler: Ja, am besten spricht man direkt in der Konzeptionsphase über Accessibility, denn im Nachhinein hastig angeflanschte Lösungen sind immer a) schlecht und b) teuer. Und auch wenn Punkt b) vielleicht interessanter erscheint, ist a) der Knackpunkt. Denn Accesibility, was viele für ein „Gimmick“ für einen verschwindend geringen Anteil Ihrer User*innen halten, ist letztendlich nichts weiter als konsequente Usability für alle.
Wer braucht barrierefreien Content?
Kurz gesagt: Jede*r. Vielleicht nicht immer, aber Accessibility ist kein Randgruppenbedürfnis. Hohe Kontraste helfen Leuten, die schlecht sehen – oder wenn man versucht, das Smartphone in der Sonne zu benutzen. Untertitel oder Transkripte erschließen Inhalte für Menschen, die nichts oder nicht gut hören, oder wenn man sich ein Video in einer Bibliothek oder in einer lauten Umgebung ansehen möchte. Eine einhändige Bedienung ist wichtig für Menschen mit fehlenden Gliedmaßen (permanent), aber auch für Leute, die eine Sportverletzung auskurieren (temporär) oder ein Baby auf einem Arm herumtragen (situationsbedingt).
Jeder Mensch ist in seinem Leben zumindest ab und zu in irgendeiner Art und Weise eingeschränkt – wenn auch nicht immer und gleichermaßen.

(Illustrationen aus dem Inclusive Toolkit Manual von Microsoft (PDF).)
Was gehört zu Accesibility?
Inzwischen haben die allermeisten Leute von Bildbeschreibungen gehört, aber welche anderen Aspekte gilt es zu berücksichtigen?
Webcontent muss laut der Web Accessibility Initiative (WAI) von Webcontent folgende Kriterien erfüllen, um als barrierefrei oder -arm zu gelten:

Dahinter verbergen sich nicht nur Standards, die nicht nur von Exklusion betroffenen Menschen helfen, sondern auch zum Beispiel SEO. Die leidigen Bildbeschreibungen sind nämlich nicht nur für Screenreader, sondern auch für die Crawler von Google lesbar und somit können ausführliche Bildbeschreibungen dabei helfen, dass Inhalte besser indexiert werden.
Bedien- und Verständlichkeit einer Website betreffen Aspekte der Usability und hinter dem Stichtwort „robust“ verbirgt sich etwas, das man unter konsequenter Responsiveness verbuchen könnte. Damit ist die maximale Kompatibilität mit allen möglichen Endgeräten und Darstellungssoftwares gemeint – inklusive Hilfstechnologien wie Screenreadern.
Die zwölf Leitlinien für barrierefreien Webcontent
Sieht man sich die Web Content Accessibility Guidelines des W3C an, findet man tatsächlich keine haarsträubenden Auflagen, sondern Standards, die die Usability jeder Website verbessern:
- Stelle Textalternativen für nicht-textbasierten Content zur Verfügung
- Stelle Alternativen für zeitbasierten Inhalt (z.B. Video, Audio, Banner) zur Verfügung
- Erstelle Inhalt, der auf unterschiedliche Art präsentiert werden kann, ohne Information oder Struktur zu verlieren
- Mach es den Nutzer*innen so einfach wie möglich, alles wichtige zu sehen und zu hören
- Mache alle Funktionalitäten mit der Tastatur erreichbar
- Lasse den Nutzer*innen genügend Zeit um Inhalte zu nutzen oder zu lesen
- Konzipiere Inhalte nicht auf Art und Weisen, die dafür bekannt sind, Krampfanfälle auszulösen
- Hilf deinen Nutzer*innen den Inhalt zu finden und zu navigieren und herauszufinden, wo auf der Seite sie sich befinden
- Halte Inhalte lesbar und verständlich
- Vermeide unvorhersehbares Verhalten deiner Website
- Hilf Nutzer*innen dabei, Fehler zu vermeiden und zu korrigieren
- Maximiere die Kompatibilität mit aktueller und zukünftiger Darstellungstechnologie, inklusive Hilfstechnologien.
Accessibility ist also keinesfalls nur eine lästige Nebenbaustelle, die am Ende eines Projektes noch lieblos angezimmert wird. Wer sie von vorne herein mitdenkt, erschlägt damit nicht nur eventuelle Auflagen (z.B. bei öffentlich geförderten Projekten), sondern hebt damit auch die Nutzbarkeit der Seite für alle User*innen aufs nächste Level.