Frag Mutti – Googles neuer Algorithmus

MUM-Linked-In

Dass Google den Suchalgorithmus andauernd überarbeitet, ist zumindest für Leute, die sich mit SEO beschäftigen kein Geheimnis. Auch für Nutzer*innen ist das sichtbar, da es immer häufiger vorkommt, dass man für eine Antwort auf eine Suchanfrage wie „Wann wurde Bob Dylan“ geboren nicht mehr auf ein Suchergebnis klicken muss, sondern die Information direkt auf der Ergebnisseite präsentiert bekommt. Das letztes Jahr angekündigte Google-Update MUM (Multitask Unified Model) hebt diese Tendenz auf die nächste Stufe.

MUM macht’s anders

Im Mittelpunkt dieses Updates steht MUMs Fähigkeit zur Verarbeitung natürlicher Sprache und verschiedener Medien. Das heißt im Klartext, dass man Google in Zukunft Fragen stellen kann, die man normalerweise über mehrere Suchen aufgeteilt hätte. Wollte man herausfinden, ob Bob Dylan älter ist als Bob Marley, würde man heute beide Namen suchen und den Vergleich selbst vornehmen. Google MUM würde jedoch eine Suchanfrage wie „Ist Bob Dylan oder Bob Marley älter?“ verstehen und die Antwort direkt anzeigen.

MUM versucht die Intention hinter einer komplexen Frage zu erraten, führt quasi im Hintergrund all die Einzelsuchen durch, die man bisher selbst vornimmt und generiert eine auf die Frage zugeschnittene Antwort – und die Beispiele, die Google gibt, sind wesentlich komplexer als das Beispiel mit Bob Dylan.

MUM kann Sprache nicht nur verstehen sondern auch produzieren. Im Hintergrund liegen dabei nicht einfach nur die gesammelten Text, die Google im Internet findet, sondern eine semantische Wissensdatenbank, die unabhängig von der Ausgangssprache ist. Zum Beispiel könnte man MUM fragen „Wie macht man Okonomiyaki?“ und MUM könnte Informationen, die auf Japanisch vorliegen auf Deutsch präsentieren. Google speichert in Zukunft also vor allem Informationen – unabhängig davon, wie sie ursprünglich aufbereitet waren.

MUM ist multimodal

Dabei ist MUM sogar egal, in welchem Medium die Informationen vorliegen. Der Algorithmus durchsucht Videos, Audiodateien und Bilder genauso wie Texte und bindet sie dementsprechend auch prominenter in Suchergebnisse ein. Google kann in Zukunft sogar zu der relevanten Stelle in einem Video springen, um Fragenden eine Antwort zu präsentieren.

Bedeutung für SEO

Was ein hervorragendes Nutzererlebnis sein dürfte, bringt SEO-Expert*innen ein wenig zur Verzweiflung. Die Fähigkeiten von MUM, unstrukturierte Daten zu verstehen, macht technische SEO zwar nicht überflüssig, mindert aber ihren Einfluss auf das Ranking auf der Ergebnisseite massiv. Auch reine Keyword-Optimierung im Content bringt keine gute Platzierung, wenn ein Text dabei keine Informationen mit Mehrwert für die Nutzer*innen bietet.

Was Mutti hingegen wichtig ist, ist der „gute Ruf“ einer Seite: Dass ihre Vertrauenswürdigkeit durch viele externe Verlinkungen belegt ist – und dass der Content auch wirklich gut ist.

Content bleibt König

Artikel, die aus reinem Keyword-Dropping bestehen, ohne dabei Fragen zu beantworten, Informationen zu vermitteln oder einen sonstigen Mehrwert bieten, werden also in den dunklen Tiefen der zweistelligen Suchergebnisseiten verschwinden. Die Kontrolle über SEO wandert vom Technischen mehr hin zum Inhalt. Darum ist und bleibt die beste SEO immer noch: Guter Content.

Geschäftsmodelle am Abgrund

Für Shops und Dienstleistungsangebote dürfte MUM wenig Probleme bereiten, da ihr Geld durch den Verkaufsabschluss erwirtschaftet wird. Zwar begleitet Google die Nutzer*innen mit MUM länger und näher im Entscheidungsprozess, aber ein Schaden wird für sie deswegen nicht entstehen.

Einige Monetarisierungsmodelle für Webseiten dürften an MUM jedoch kräftig zu knabbern haben. Wer darauf angewiesen ist, dass Leute tatsächlich die eigene Seite besuchen und dort Werbung eingeblendet bekommen oder auf Affiliate-Links klicken, steht auf einmal im Regen. Warum sollte man noch die Quelle besuchen, wenn Google Informationen einfach selbst aufbereitet und den Nutzer*innen zur Verfügung stellt?

Da Google jedoch auch davon abhängig ist, guten Content bereitgestellt zu bekommen, wird sich hier in der Praxis ein Gleichgewicht herausarbeiten müssen. Eventuell ist auch eine Regulation vom Gesetzgeber notwendig. Darüber lässt sich zu diesem Zeitpunkt jedoch nur spekulieren.

Im Hinterkopf behalten

Besucher*innen werden in Zukunft also nicht mehr so einfach auf der eigenen Website landen, was vor allem für werbe- und affiliate-finanzierte, rein publizistische oder informative Angebote ein Problem werden dürfte. Für solche Plattformen gibt es jedoch einige Strategien, um von MUM nicht überrollt zu werden:

  • Social Media Marketing / Shareability: Wer über Empfehlungen und Links auf Social Media gefunden wird, zieht weiterhin den Traffic auf die eigene Seite
  • Fokus auf Kundenbindung: Wer mit seinem Content so überzeugt, dass Nutzer*innen regelmäßig auf der eigenen Startseite stöbern und die Seitensuche statt Google bemühen, umgeht den übergriffigen MUM-Algorithmus
  • Nutzerintentionen vorwegnehmen: MUM generiert ultra-individualisierte Suchergebnisse für komplexe Anfragen und wird daher Content mit konkreter Problemstellung und entsprechenden Informationen besser bewerten als Überblicksseiten.